Beschluss: ungeändert beschlossen

Abstimmung: Ja: 6, Nein: 12, Enthaltungen: 0, Befangen: 0

Der Antrag der CSU-Fraktion vom 18. November 2021 dient dem Gremium zur Kenntnis.

 

Die Gemeinde Bischberg hat bisher keine Verordnung zum Schutz des Orts- und Landschaftsbildes oder eines Natur-, Kunst- oder Kulturdenkmals (Plakatierungsverordnung) erlassen. Durch eine derartige Verordnung können Anschläge, insbesondere Plakate und Darstellungen durch Bildwerfer in der Öffentlichkeit auf bestimmte Flächen beschränkt werden. Jedoch regelt die vorliegende Muster-Plakatierungsverordnung nach Art. 28 des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes (LStVG) nicht nur die Plakatierung im Rahmen von Wahlkämpfen, sondern generell den Umgang mit Plakatierungen, Bildwerfern, Plakatständern, Plakaten etc, also auch für sonstige Veranstaltungen wie Fischverkaufsaktionen, Vereinsfeiern, Kirchweihfeste etc.

 

Der Antrag der CSU-Fraktion zielt allerdings nur auf die Plakatierung in Wahlkampfzeiten ab. Eine Beschränkung auf den Wahlkampf stellt aber eine einseitige Beschränkung politischer Parteien dar und ist deshalb verfassungsrechtlich und verordnungstechnisch nicht umsetzbar, da nach Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes und Art. 110 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Verfassung jedermann das Recht besitzt seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten.

 

Unter Beachtung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 13. Februar 2013 zur Werbung auf öffentlichen Straßen aus Anlass von allgemeinen Wahlen, Volksbegehren, Volksentscheiden, Bürgerbegehren und Bürgerentscheiden kann die Wahlwerbung auf die von der Gemeinde hierfür zur Verfügung gestellten Anschlagflächen beschränkt werden. Jedoch ist eine gewissermaßen flächendeckende Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und der nötige Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG München, Beschluss vom 26. Mai 2006, Az. M 22 E 06.1484). Außerdem ist § 5 Abs. 1 des Parteiengesetzes (PartG) zu beachten. Dieser besagt, dass alle Parteien gleichbehandelt werden sollen, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt. Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemisst sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muß der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß wie für jede andere Partei sein.

 

Nach dem Urteil des BVerwG vom 13. Dezember 1974, Az. VII C 42.72, Randnummer 23 darf die Zuteilung von Plakatflächen nicht zu offensichtlichen Diskrepanzen führen, die eine kleine Partei gleichsam zum optischen Untergang gegenüber der erdrückenden Plakatwerbung einer großen Partei verurteilen würden. Diese Grenzen sind nach Auffassung des Senats überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das vier- bis fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei.

 

Zudem muss beim Erlass der Verordnung bei der Beschränkung der Parteienwerbung neben der Zahl der werbenden Parteien und Wählergruppierungen die Topographie der Gemeinde berücksichtigt werden, wobei weniger die Gesamtfläche maßgebend ist, sondern die Struktur der Besiedlung. Wegen eines begrenzten Platzangebots sind beispielsweise feste Quoten vorzugeben, z.B. mindestens ein Aufstellungsort pro 100 Einwohner für alle Parteien (VG Aachen, Beschluss vom 1. Dezember 2006. Az. 61.628/06) oder sogar ein Aufstellungsort pro Partei (VG Gießen, Beschluss vom 27. Februar 2001, Az 8G 335/01). Ausgehend vom oben bereits ausgeführten Grundsatz, dass jeder Partei oder Wählergruppierung eine annähernd flächendeckende Wahlwerbung ermöglicht werden muss, ist darüber hinaus eine Gesamtbetrachtung der zur Verfügung stehenden Fläche geboten (VG München, Beschluss vom 24. August 2011, Az. 1 M 127/11).

 

Die von der Rechtsprechung (VG München, Beschluss vom 26. Mai 2006, Az. M22 E 06.1484, zuletzt OVG Greifswald, Beschluss vom 23.08.2011) zudem geforderte „angemessene Sichtbarkeit“ der Wahlwerbung, lässt sich schwer mit vorhandenen zentralen Standorten umsetzen. Die Rechtsprechung führt aus, dass eine angemessene Aufmerksamkeit für das demokratische Instrument der Wahlen im öffentlichen Straßenraum gewährleistet sein muss. So kann das OVG Greifswald in der genannten Entscheidung folgendermaßen zitiert werden: „Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes - jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben.“ Zu der Frage, was eine angemessene Anzahl der Wahlsichtwerbung darstellt wird ausgeführt, dass jedenfalls die „Plakatierungsmöglichkeiten hinreichend dicht“ sein müssen „um den Parteien und Wählergruppen gewissermaßen flächendeckend Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (OVG Greifswald aaO). Im zitierten Fall hatte das Gericht entschieden, dass eine Mindestanzahl von 150 Plakatflächen pro Partei bei einer Einwohnerzahl von 12.000 angemessen sei. Dies sei selbstverständlich zudem abhängig von den Umständen des Einzelfalls wie der Bevölkerungsdichte und der Qualität der Standorte selbst.

 

Unter Beachtung der oben genannten richterlichen Vorgaben wären also an den Standorten zwischen ca. 62 und 75 Plakatflächen vorzusehen, die dann prozentual entsprechend der Ergebnisse der letzten Wahlen den Parteien und Wählergruppierungen zur Verfügung gestellt werden müssten.

 

Zur besseren Veranschaulichung wird für die Kommunalwahl folgende Beispielsrechnung aufgezeigt:

 

Im Gemeinderat der Gemeinde Bischberg sind derzeit sieben Gruppierungen vertreten. Darüber hinaus kann es durchaus sein, dass bis zur nächsten Kommunalwahl zwei weitere Gruppierungen hinzukommen. Somit hätte man neun Gruppierungen. Selbst wenn eine entsprechende Verordnung ohne Berücksichtigung der richterlichen Vorgaben erlassen würde, was die Verwaltung in keinster Weise vertreten kann, und pro Wahlvorschlag zwei Plakatierungsmöglichkeiten (Bürgermeister/Gemeinderatsliste) an einer zentralen Stelle ermöglicht, würde sich bei einer Plakatgröße von DIN A1 (59,4 cm x 84,1 cm) eine Plakatierungsfläche von 10,7m auf 84,1 cm oder 5,35m auf 1,68m ergeben. Bei der Plakatgröße von DIN A0 (84,1 cm x 118,9 cm) sogar eine Fläche von 15,14m auf 1,19m oder 7,57m auf 2,38m.

 

Darüber hinaus müsste man weitere Flächen für Landratskandidaten sowie Kreistagskandidaten und -listen zur Verfügung stellen.

 

Ergänzend ist zudem die Problematik der Großflächenplakate anzusprechen. Auch für diese Art der Plakatierung müssten dann zentrale Flächen zur Verfügung gestellt werden.

 

Unter diesen genannten Voraussetzungen war die Verwaltung aufgrund der örtlichen Verhältnisse nicht in der Lage Vorschläge für zentrale Plakatierungsmöglichkeiten und das Aufstellen von Großflächenplakaten zu finden.

 

Unter Beachtung der oben genannten Rechtsprechung, der Tatsache, dass eine Plakatierungsverordnung für alle Veranstaltungen und alle Plakatierungen anzuwenden wäre und die Überwachung dieser Verordnung über das ganze Jahr hinweg zusätzliche Personalressourcen bindet (Stichwort „wildes Plakatieren“ auf Stromkästen, etc.), empfiehlt die Verwaltung auf den Erlass eines Plakatierungsverordnung zu verzichten.

 

Abschließend ist noch zu erwähnen, dass diese Regelungen nur für Plakatwerbung im öffentlichen Raum gilt. Großflächenplakate oder normale Plakate in privaten Gärten oder an Garagen wie bei der letzten Kommunalwahl wären von dem Plakatierungsverbot nicht erfasst.

 

Um die Anzahl der Plakate zu reduzieren, könnte man sich unter den Parteien und Wählergruppierungen in Bischberg beispielsweise auf eine bestimmte Anzahl einigen, die das Ergebnis der letzten Wahlen berücksichtigt. Dies wäre aber nur ein „Agreement“ ohne Rechtsbindung.

 


Die Ausführungen des 1. Bürgermeisters Michael Dütsch dienen zur Kenntnis.

 

Der Gemeinderat Bischberg stimmt dem Antrag der CSU-Fraktion vom 18. November 2021 zu. Die Verwaltung wird beauftragt eine Plakatierungsverordnung auszuarbeiten und in einer der nächsten Sitzungen vorzulegen.

 

Als zentrale Standorte werden folgende Orte festgelegt:

- Kirchweihplatz

- Ortseingang Bischberg

- Ortseingang Trosdorf

- Ortseingang Tütschengereuth

- Dorfplatz Weipelsdorf

 


Abstimmung:

Für:

6

Gegen:

12