Sitzung: 12.05.2022 Gemeinderat
Beschluss: ungeändert beschlossen
Abstimmung: Ja: 6, Nein: 12, Enthaltungen: 0, Befangen: 0
Der Antrag der
CSU-Fraktion vom 18. November 2021 dient dem Gremium zur Kenntnis.
Die Gemeinde Bischberg hat bisher keine Verordnung zum Schutz des Orts-
und Landschaftsbildes oder eines Natur-, Kunst- oder Kulturdenkmals
(Plakatierungsverordnung) erlassen. Durch eine derartige Verordnung können
Anschläge, insbesondere Plakate und Darstellungen durch Bildwerfer in der
Öffentlichkeit auf bestimmte Flächen beschränkt werden. Jedoch regelt die
vorliegende Muster-Plakatierungsverordnung nach Art. 28 des Landesstraf- und
Verordnungsgesetzes (LStVG) nicht nur die Plakatierung im Rahmen von
Wahlkämpfen, sondern generell den Umgang mit Plakatierungen, Bildwerfern,
Plakatständern, Plakaten etc, also auch für sonstige Veranstaltungen wie
Fischverkaufsaktionen, Vereinsfeiern, Kirchweihfeste etc.
Der Antrag der CSU-Fraktion zielt allerdings nur auf die Plakatierung in
Wahlkampfzeiten ab. Eine Beschränkung auf den Wahlkampf stellt aber eine
einseitige Beschränkung politischer Parteien dar und ist deshalb verfassungsrechtlich
und verordnungstechnisch nicht umsetzbar, da nach Art. 5 Abs. 1 des
Grundgesetzes und Art. 110 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Verfassung jedermann
das Recht besitzt seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu
verbreiten.
Unter Beachtung der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums
des Innern vom 13. Februar 2013 zur Werbung auf öffentlichen Straßen aus Anlass
von allgemeinen Wahlen, Volksbegehren, Volksentscheiden, Bürgerbegehren und
Bürgerentscheiden kann die Wahlwerbung auf die von der Gemeinde hierfür zur
Verfügung gestellten Anschlagflächen beschränkt werden. Jedoch ist eine
gewissermaßen flächendeckende Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu
ermöglichen und der nötige Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG München,
Beschluss vom 26. Mai 2006, Az. M 22 E 06.1484). Außerdem ist § 5 Abs. 1 des
Parteiengesetzes (PartG) zu beachten. Dieser besagt, dass alle Parteien
gleichbehandelt werden sollen, wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien
Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt.
Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für
die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die
Bedeutung der Parteien bemisst sich insbesondere auch nach den Ergebnissen
vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im Bundestag
in Fraktionsstärke vertreten ist, muß der Umfang der Gewährung mindestens halb
so groß wie für jede andere Partei sein.
Nach dem Urteil des BVerwG vom 13. Dezember 1974, Az. VII C 42.72,
Randnummer 23 darf die Zuteilung von Plakatflächen nicht zu offensichtlichen
Diskrepanzen führen, die eine kleine Partei gleichsam zum optischen Untergang
gegenüber der erdrückenden Plakatwerbung einer großen Partei verurteilen
würden. Diese Grenzen sind nach Auffassung des Senats überschritten, wenn der
größten Partei mehr als etwa das vier- bis fünffache an Stellplätzen eingeräumt
wird als der kleinsten Partei.
Zudem muss beim Erlass der Verordnung bei der Beschränkung der
Parteienwerbung neben der Zahl der werbenden Parteien und Wählergruppierungen
die Topographie der Gemeinde berücksichtigt werden, wobei weniger die
Gesamtfläche maßgebend ist, sondern die Struktur der Besiedlung. Wegen eines
begrenzten Platzangebots sind beispielsweise feste Quoten vorzugeben, z.B.
mindestens ein Aufstellungsort pro 100 Einwohner für alle Parteien (VG Aachen,
Beschluss vom 1. Dezember 2006. Az. 61.628/06) oder sogar ein Aufstellungsort
pro Partei (VG Gießen, Beschluss vom 27. Februar 2001, Az 8G 335/01). Ausgehend
vom oben bereits ausgeführten Grundsatz, dass jeder Partei oder
Wählergruppierung eine annähernd flächendeckende Wahlwerbung ermöglicht werden
muss, ist darüber hinaus eine Gesamtbetrachtung der zur Verfügung stehenden Fläche
geboten (VG München, Beschluss vom 24. August 2011, Az. 1 M 127/11).
Die von der Rechtsprechung (VG München, Beschluss vom 26. Mai 2006, Az.
M22 E 06.1484, zuletzt OVG Greifswald, Beschluss vom 23.08.2011) zudem
geforderte „angemessene Sichtbarkeit“ der Wahlwerbung, lässt sich schwer mit
vorhandenen zentralen Standorten umsetzen. Die Rechtsprechung führt aus, dass
eine angemessene Aufmerksamkeit für das demokratische Instrument der Wahlen im
öffentlichen Straßenraum gewährleistet sein muss. So kann das OVG Greifswald in
der genannten Entscheidung folgendermaßen zitiert werden: „Es ist allgemein
anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes - jedenfalls in den letzten sechs
Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und
Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat
ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im
Straßenraum zu betreiben.“ Zu der Frage, was eine angemessene Anzahl der
Wahlsichtwerbung darstellt wird ausgeführt, dass jedenfalls die
„Plakatierungsmöglichkeiten hinreichend dicht“ sein müssen „um den Parteien und
Wählergruppen gewissermaßen flächendeckend Wahlwerbung im gesamten
Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben
(OVG Greifswald aaO). Im zitierten Fall hatte das Gericht entschieden, dass
eine Mindestanzahl von 150 Plakatflächen pro Partei bei einer Einwohnerzahl von
12.000 angemessen sei. Dies sei selbstverständlich zudem abhängig von den
Umständen des Einzelfalls wie der Bevölkerungsdichte und der Qualität der
Standorte selbst.
Unter Beachtung der oben genannten richterlichen Vorgaben wären also an
den Standorten zwischen ca. 62 und 75 Plakatflächen vorzusehen, die dann
prozentual entsprechend der Ergebnisse der letzten Wahlen den Parteien und
Wählergruppierungen zur Verfügung gestellt werden müssten.
Zur besseren Veranschaulichung wird für die Kommunalwahl folgende
Beispielsrechnung aufgezeigt:
Im Gemeinderat der Gemeinde Bischberg sind derzeit sieben Gruppierungen
vertreten. Darüber hinaus kann es durchaus sein, dass bis zur nächsten
Kommunalwahl zwei weitere Gruppierungen hinzukommen. Somit hätte man neun
Gruppierungen. Selbst wenn eine entsprechende Verordnung ohne Berücksichtigung
der richterlichen Vorgaben erlassen würde, was die Verwaltung in keinster Weise
vertreten kann, und pro Wahlvorschlag zwei Plakatierungsmöglichkeiten
(Bürgermeister/Gemeinderatsliste) an einer zentralen Stelle ermöglicht, würde
sich bei einer Plakatgröße von DIN A1 (59,4 cm x 84,1 cm) eine
Plakatierungsfläche von 10,7m auf 84,1 cm oder 5,35m auf 1,68m ergeben. Bei der
Plakatgröße von DIN A0 (84,1 cm x 118,9 cm) sogar eine Fläche von 15,14m auf
1,19m oder 7,57m auf 2,38m.
Darüber hinaus müsste man weitere Flächen für Landratskandidaten sowie
Kreistagskandidaten und -listen zur Verfügung stellen.
Ergänzend ist zudem die Problematik der Großflächenplakate anzusprechen.
Auch für diese Art der Plakatierung müssten dann zentrale Flächen zur Verfügung
gestellt werden.
Unter diesen genannten Voraussetzungen war die Verwaltung aufgrund der
örtlichen Verhältnisse nicht in der Lage Vorschläge für zentrale
Plakatierungsmöglichkeiten und das Aufstellen von Großflächenplakaten zu
finden.
Unter Beachtung der oben genannten Rechtsprechung, der Tatsache, dass
eine Plakatierungsverordnung für alle Veranstaltungen und alle Plakatierungen
anzuwenden wäre und die Überwachung dieser Verordnung über das ganze Jahr
hinweg zusätzliche Personalressourcen bindet (Stichwort „wildes Plakatieren“
auf Stromkästen, etc.), empfiehlt die Verwaltung auf den Erlass eines
Plakatierungsverordnung zu verzichten.
Abschließend ist noch zu erwähnen, dass diese Regelungen nur für
Plakatwerbung im öffentlichen Raum gilt. Großflächenplakate oder normale
Plakate in privaten Gärten oder an Garagen wie bei der letzten Kommunalwahl
wären von dem Plakatierungsverbot nicht erfasst.
Um die Anzahl der Plakate zu reduzieren, könnte man sich unter den
Parteien und Wählergruppierungen in Bischberg beispielsweise auf eine bestimmte
Anzahl einigen, die das Ergebnis der letzten Wahlen berücksichtigt. Dies wäre
aber nur ein „Agreement“ ohne Rechtsbindung.
Die Ausführungen
des 1. Bürgermeisters Michael Dütsch dienen zur Kenntnis.
Der Gemeinderat Bischberg stimmt dem Antrag der CSU-Fraktion vom 18.
November 2021 zu. Die Verwaltung wird beauftragt eine Plakatierungsverordnung
auszuarbeiten und in einer der nächsten Sitzungen vorzulegen.
Als zentrale
Standorte werden folgende Orte festgelegt:
- Kirchweihplatz
- Ortseingang
Bischberg
- Ortseingang
Trosdorf
- Ortseingang
Tütschengereuth
- Dorfplatz
Weipelsdorf
Abstimmung: |
Für: |
6 |
Gegen: |
12 |